Am 26. August 2025 veröffentlichte die “Freie Presse” in der Stollberger Ausgabe Seite 9 folgendes Interview mit Ulf Lange. Wir zitieren das Interview.
Ulf Lange ist zum Vorsitzenden des ersten sächsischen BSW-Kreisverbandes gewählt worden. „Freie Presse“ sprach mit dem Landtagsabgeordneten aus Auerbach über eindrückliche Erfahrungen im ersten Jahr im Parlament, Russlands Krieg gegen die Ukraine, den Umgang mit der AfD und darüber, was die Neugründung bedeutet.
„Freie Presse“: Fast ein Jahr Landtag – welchen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Ulf Lange: Zunächst hatten wir das Gefühl, willkommen zu sein. Was sich schnell abgekühlt hat, als die Regierungsbeteiligung kein Thema mehr war. Das Gleiche beim Haushalt. Doch einem schlechten Haushalt, der zu Lasten der Kommunen und Bürger geht, konnten wir nicht zustimmen. Da werden sich schmerzhafte Dinge herausstellen. Etwa Vereine, die mangels Unterstützung über den Jordan gehen.
FP: Und welche persönlichen Erfahrungen gibt es?
Lange: Wiederholt habe ich die unangenehme Situation erlebt, dass man auf dem Flur im Landtag nicht zurückgegrüßt oder angeguckt wird. Gewählte Volksvertreter, die über das Land zu entscheiden haben – wie sollen sie gute Entscheidungen treffen, wenn sie nicht einfachste Anstandsregeln leben können? Das hat mich tief und negativ berührt.
FP: Zuletzt waren Sie viel in der Region unterwegs. Was haben Sie gehört?
Lange: Meine Sommertour hat mich auf rund 20 Marktplätze geführt, und habe ich mich mit vielen Bürgermeistern getroffen. Hauptthema der Bürger war, dass sie wollen, dass wir uns weiter gegen Krieg, Aufrüstung und für Frieden einsetzen. Da ist eine latente Furcht vor dem großen Krieg. Auch Angst vor sozialem Abstieg, Arbeitslosigkeit, Unterrichtsausfall. Und es gab die eine oder andere Beschimpfung, wie Kommunistenschweine.
FP: Welche Rolle spielt die BSW-Position zum Krieg?
Lange: Manche sagen Putin-Versteher oder Putin-Knechte zu uns. Was ich entgegne: Wir sollten versuchen zu verstehen, was der Grund für das Verhalten des anderen ist. Wir finden den Krieg in der Ukraine furchtbar, er muss beendet werden. Aber er hat Ursachen. Wir sind keine Fans von Putin, sondern Friedens-Fans.
FP: Es gab Versuche, mit Russland zu verhandeln.
Lange: Zuerst geht es darum, einen Waffenstillstand zu vereinbaren. Die sich weigern, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, sind nicht die, die auf dem Schlachtfeld sterben. Sanktionen tragen aber nicht zur Lösung bei. Sie haben uns nur geschadet, nichts erreicht.
FP: Im Wahlkampf sagten Sie, dass Ihr Fokus auf Kommunalem liegt. Was haben Sie erreicht?
Lange: Fakt ist: Der ländliche Raum ist vernachlässigt. So bauen wir etwa den ÖPNV eher zurück als auf, die Leute haben Angst, dass ihr Krankenhaus schließt. Linke, Grüne, SPD haben ihre Klientel in den Großstädten. Wir wollen die ländlichen Belange massiv zur Sprache bringen. In einem Dreivierteljahr veränderst du aber gar nichts. Wir müssen versuchen, mit unseren Möglichkeiten wie Anfragen und Anträgen sichtbar zu werden und am Gitter zu rütteln.
FP: Wie sieht das Verhältnis zur AfD aus?
Lange: Ich habe einen Kumpel aus Jugendtagen, der sitzt für die AfD im Landtag. Wenn ich mich mit ihm unterhalte, gucke ich danach in erschrockene Gesichter. Dass er in der AfD ist, macht ihn nicht automatisch zu einem schlechten Menschen, mit dem ich mich nicht mehr befasse. Oft geht es um herbeigeredete Vorurteile. Eine naive Idee aus meiner Anfangszeit, alle Abgeordneten des Erzgebirges an einen Tisch zu bringen, ist übrigens gescheitert, aber nicht an der AfD. So lässt sich keine Spaltung überwinden.
FP: Was sagen Sie zur Einstufung der Landes-AfD durch den Verfassungsschutz als rechtsextrem?
Lange: Da gibt es mit Sicherheit extreme Leute. Es ist trotzdem so, dass man sich mit Menschen unterhalten sollte. Wenn sich die Vorbehalte bewahrheiten und einer von Remigration spricht, dann gehe ich auf Distanz. Dann habe ich aber kein Vorurteil, sondern ein Urteil.
FP: Was bedeutet die Gründung des Kreisverbandes?
Lange: Wir hatten eine restriktive Aufnahmepolitik, die auch bei uns nicht alle gut fanden. Wir haben aber nie einen Unterschied gemacht zwischen Unterstützern und Mitgliedern. Darum sind wir bereits sehr gut strukturiert. Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir der erste Kreisverband in Sachsen sind. Nun gibt eine Anlaufstelle für alle, die die Politik der etablierten Parteien nicht mittragen, aber auch nicht zur AfD wollen. (urm)
Zur Person: Ulf Lange
Der Auerbacher , Jahrgang 1967, ist in Geyer zum Vorsitzenden des BSW-Kreisverbandes Erzgebirge gewählt worden. Er sitzt für die 2024 gegründete Partei im Landtag. Das BSW ist seit einem Jahr im Kreistag sowie in drei Stadt- und Gemeinderäten im Kreis und im Landtag vertreten. (urm)
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